Heraklit vs. Sokrates – Die Spaltung der Philosophie

Was ist Philosophie? -- Dem Volksmund gilt die Philosophie als ungesunde Verkopftheit ohne lebenspraktischen Bezug und angesichts der modernen Wissenschaft eigentlich überflüssig. Weit entfernt vom altgriechischen Diktum, dass die Philosophie ein Kind des Staunens über den Kosmos sei (altgriechisch: taumazein) wird depressive Weltferne und allgemeines “Zuvieldenken” vermutet. Auch die Tatsache, dass die moderne Naturwissenschaft streng genommen ein Kind der Naturphilosophie ist, verbessert die Lage keineswegs, sondern lässt die Philosophie als primitive Vorstufe erscheinen, die unlängst von Technik und Forschung überholt worden ist.

Erschwerend kommt zu dieser bereits ungünstigen Ausgangslage der allgemein verbreitete Verdacht hinzu, dass die Wahrheit doch eh niemand wissen kann. “Ich hab meine Wahrheit und du hast deine.” Im Feld ist kein Wild. Es gibt hier letztlich nichts zu holen und wenn überhaupt eben nur durch die Wissenschaft. Philosophie in ihrer ursprünglichen Bedeutung als kreative Öffnung in die Weite des Kosmos, von tiefen Fragen angerührt, erscheint nicht oder nur kaum im Blickfeld der herrschenden Intellektualkultur.

Den wenigsten ist dabei bekannt, dass sich hier eine Bedeutungsverschiebung andeutet, eine innere Spaltung, die bereits in der griechischen Antike ihren Anfang genommen hat. Seit der Deutschen Frühromantik im 18. Jahrhundert wird die griechische Philosophie daher in eine vor und nach Sokrates eingeteilt, wobei der Philosoph Heraklit wohl der größte unter den Vorsokratikern zu nennen ist. Sein Denken in Kosmisch-Geistigen Wirkgrößen steht dem sokratischen Denken in Verstandesbegriffen diametral entgegen.

QUELLEN Wilhelm Nestle, Vorsokratiker in Auswahl, 1908. Friedrich Nietzsche, Geburt der Tragödie, 1872. Friedrich Nietzsche, Götzendämmerung, 1889. Hermann Schmitz, Leib und Seele in der abendländischen Philosophie, 1978. Ludwig Klages, SW III: Philosophische Schriften (1964-1992)

Philosophische Gespräche mit Jochen Kirchhoff Episode 34 vom 21.August 2022 (5782) mit Gwendolin Walter-Kirchhoff.

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